Vorwort
Sooo, dieser Beitrag war
unlängst auf meiner to-write Liste und entsprang ursprünglich war das Thema mit
meinen Text „Die ernste Seite des Humors oder auch die skurrilen Irrtümer des Lachens“ verwoben. Meine Skurrilitätsmuse war der Ansicht, dass der
weggelassene Abschnitt einen eigenen Beitrag verdient - und damit hat sie Recht.
Da ein solcher Beitrag einer
brennenden Motivation bedarf, lagerte der Gedanke eine Weile im Hintergrund,
bis der Funke unbeabsichtigt vom Team Walulis mit ihrem fabulösen Video zum Deutschen Comedy Preis neu entfacht wurde.
Jedoch möchte ich
obligatorisch darauf hinweisen, dass sich dieser Beitrag aus meinen subjektiven
Eindrücken speist. Als Wissenschaftlerin habe ich das Bedürfnis, das nochmal zu
verdeutlichen.
„Hi hi, ich habe eine Vagina“
Nach dem
bedeutungsschwangeren Rumgeeier; Worum geht es? Nun, was mir unter den Nägeln
brennt (aua), sind die, ja, wie kann ich das halbwegs diplomatisch formulieren...
die hier zu Lande erfolgreichen Damen des humoristischen Gewerbes. Damit
beziehe ich mich überwiegend auf Frauen, die als Solokünstlerinnen Deutschland
bespaßen, will aber nicht sagen, dass sich auf alle von ihnen mein Genöle
bezieht.
Und schließlich, um
mögliche Einwänden die Grundlage vorweg zu nehmen: Nein, ich will den Wert des
Schaffens anderer nicht schmälern und nein, ich bin auch nicht neidisch. Ich
bewege mich als Autorin und Cartoonistin in einem anderen Gefilde und ungeachtet
dessen, dass es mir des Öfteren angeraten wird, so habe ich bei Leibe nicht das
Bestreben mich vor der Kamera zu zeigen oder mich auf einer Bühne zu bewegen.
Aber was genau will ich überhaupt
loswerden? Nun, oft drängt sich mir der unbequeme Eindruck auf - und ich hoffe
inbrünstig, dass ich mich irre - , dass sich der Erfolg weiblicher Comedians
vornehmlich daraus speist, dass sie zum Einen permanent über vermeintliche
weibliche Besonderheiten sprechen und zum Anderen sich zeitgleich überspitzt
gegen die Rollenerwartungen, die in unserer Gesellschaft an Frauen gerichtet
werden, verhalten. Das erzeugt an und für sich schon ein Unbehagen bei mir. Was
das noch verstärkt, ist der Eindruck, dass dieses Gebaren nicht aus inneren
Antrieb des eigenen Wesens entspringt, sondern weil das Verhalten gegen
Konventionen eine gewisse Komik erzeugen kann und nur als Instrument für die
Show bedient wird; sozusagen „Hi, hi, die
Frau redet über Masturbation und sagt Schwanz.“.
Damit will ich auch nicht bestreiten,
dass ich mich in meinen Werken hin und wieder Geschlechterklischees bediene,
aber ich bespiele nicht nur die „Mann-Frau“-Unterschiede in Barth´scher Manier,
wenn ich mit Stereotypen arbeite und der Unterhaltungswert meiner Schöpfungen
speist sich zudem auf mehreren Ebenen. (Dazu habe ich mich ausführlicher im
obengenannten Blogbeitrag ausgelassen.)
Einfaches Humorrezept – Kann zu geistiger Mangelernährung führen
Unabhängig von meinem
persönlichen Geschmack hinsichtlich Authentizität und dem Fokus auf „Hi.
Hi, die Frau redet über Masturbation und sagt Schwanz.“, wurmt mich noch
mehr daran. Mal abgesehen davon, dass man im Allgemein sagt, dass es der
deutschen Comedylandschaft an Heterogenität fehlt, so legen weibliche Comidians
oft einen Dauerrepeat des eigenen Inhalts an den Tag – was man Mario Barth
nicht zu Unrecht vorwirft, bei ihnen aber keinen stört -, spielen noch andere
Motive in mein Unbehagen hinein, die mehr als nur den Humorbereich umfassen.
Denn – und ja, ich weiß,
dass liest sich jetzt exorbitant feministisch - dieses Gebaren reproduziert in
seiner stringenten Gegenhandlung hinsichtlich Geschlechternormen ebendiese,
genauso wie die alltäglichen Interaktionen es tun. Und damit klar wird, dass
ich das nicht nur auf Menschen mit Vagina beziehe; Es reproduziert ebenso die
Geschlechternormen in punkto Mann, der als plumpes, nicht empathisches Wesen
von niederem Intellekt runtergebrochen wird, der naiv mit Scheuklappen durch
die Weltgeschichte läuft.*
Sicherlich kann man sich
seine Geschlechtsidentität für sein Programm zu eigen machen - so ist auch das
ein mehr oder weniger ausgeprägter Aspekt einer jeden Persönlichkeit - doch
durch die starke Fokussierung darauf reduziert man sein eigenes Wesen auf eben
nur diesen Aspekt. Das kann natürlich jeder selber für sich entscheiden, (und
nun das Obligatorische) aber es geht damit einher, dass die angestrebte
Geschlechtergleichheit durch sowas unterwandert wird.
*Hier ein kleiner Fachanfall: Geschlechternormen
finden sich in sämtlichen bekannten Gesellschaften und sollten zunächst – so
schwer es manchmal auch fällt – möglichst neutral beurteilt werden. Da aber in
unserer Gesellschaft ein Konsens darüber besteht, dass die Geschlechter als
gleichwertig betrachtet werden sollen - wasich das selbst sehr begrüße -, wird
vielleicht deutlich, dass eine ständige Wiederholung selbst im „humoristischen“
Kontext eher kontraproduktiv für das Ziel ist, alle gleich zu bewerten.
Dauerrepeat und die Frage, was zuerst da war: Das Klischee oder die
Realität
Die begehrte Gleichheit
setzt unter anderem voraus, dass sich nicht permanent daran aufgehalten wird,
wer nun was für ein Geschlecht hat und wo genau die Unterschiede liegen.
Missstände sollten – auch in künstlerischer Form – angesprochen werden, aber
dieses ewigwährende Darauf-Rumgereite führt schnell zur Abstumpfung und
Genervtheit, statt zur Erleuchtung – es gibt genug Beispiele, bei denen das
ebenso zutrifft. Denn das exzessive Aufzeigen der Ungleichheit trägt durch die
beinah mantraartige Wiederholung zur Verfestigung und Verbreitung derselben bei
und schürt im schlimmsten Fall Diskriminierungen.** Sicher dient der Zweck von
Comedy der Erheiterung und soll auch gar nicht immer tiefsinniger Ernst
mitschwingen, aber muss man deswegen solche Dinge unberücksichtigt lassen?
Und nein, ich will damit
nicht die zum Teil täglichen Diskriminierungserfahrungen abtun und nein, ich
sage auch nicht, dass wir darüber nicht reden sollten, aber so wie es jetzt
läuft, untermauert es das bestehende System von Ungleichheiten.
Ich bin bei Leibe keine
Ultrafeministin und wenn ich von Geschlechtergleichheit spreche, dann beziehe
ich das nicht nur auf Frauen. Es wiederstrebt mir, wenn jemand wegen seines
Geschlechts o.Ä. diskriminiert wird, ganz gleich, ob es Männlein, Weiblein oder
whoever betrifft. Niemand sollte wegen seines Geschlechts, seiner Religion oder
was auch immer benachteiligt werden.
**Wer sich zu diesen Mechanismen im Allgemeinen
informieren will, ist mit der Systemtheorie von Niklas Luhmann gut beraten.
Political Correctness – wenn Toleranzbemühungen ad absurdum geführt werden
Das Bedenken solcher
Aspekte impliziert jedoch nicht, dass sie auf diese Weise tabuisiert werden
sollten. Ich will gar nicht leugnen, dass ich politisch inkorrekte Witze oft amüsant
finde. Darüber zu Lachen bedeutet jedoch nicht, dass man denjenigen, den es
betrifft, abwertet. Und nicht zuletzt können auch gerade diese Witze
gesellschaftliche Missstände aufzeigen, ins Gedächtnis rufen und dafür sorgen,
dass sie nicht vergessen werden.
Sicherlich stoße ich mit
meinen Standpunkt zu PC und dessen zum Teil skurrilen Auswüchsen so manchen vor
den Kopf und ganz ehrlich, das sollte ebenso zu denken geben; Das soll nicht
heißen, dass man alles tolerieren muss, so muss auch ich tolerieren, wenn sich jemand
gegen meine Ansichten auslässt – aber der Umgang sollte angemessen bleiben und
bei manchen Sachen ist es sogar empfehlenswert, dazu auf Kuschelkurs zu gehen –
aber das Thema würde den Beitrag nun wirklich sprengen.***
Jeder von uns war schon mal
von einen Witz in irgendeiner Weise betroffen und hat sich vielleicht sogar
angegriffen gefühlt. Verwerflich ist das nicht, aber ist die daraus folgende
Reaktion wirklich angemessen?
In diesem Zuge möchte ich
das an einem Beispiel verdeutlichen, nämlich – da muss Walulis herhalten – in der
Folge „Dokusoaps im Fernsehen - Von Bauern bis Ordnungswächtern“ der Sendung „Walulis sieht fern“ wurde ein Scherz am Rande gemacht, dass sich
Moderator und Kopf des Teams (Phillip Walulis himself) einen Legastheniker als
Abwärtsversicherung „hält“. Obwohl es mich als Legasthenikerin betrifft, habe
ich mich darüber köstlich amüsiert. Warum auch ein Gezeter aus etwas machen,
dass in homöopathischer Dosis nicht zum moralischen Zerfall einer Gesellschaft
führt? Wenn ich mich als Legasthenikerin - dazu mehr in meinen Beitrag
„Schreiben mit Legasthenie“- nicht deswegen einpisse, wieso sollte es jemand
anders machen, der nicht davon betroffen ist? Damit will ich niemanden
absprechen, sie verletzt zu fühlen oder etwas hinzunehmen, aber ehe man sich
dazu äußert sollte man kurz inne halten. Ein kleiner Witz am Rande eines großen
humoristischen Kontextes verdammt nicht gleich das ganze Format und führt auch
nicht zum Untergang des Abendlandes. Schon gar nicht, wenn es so etwas
vergleichsweise Harmloses umfasst. Zumal es häufig nicht die Betroffenen selber
sind, die sich darüber brüskieren, sondern eher diejenigen, die so verkrampft
auf Toleranz abzielen, dass sie in ihren Reaktionen eher das Gegenteil
bewirken.
Natürlich ist es nicht von
der Hand zu weisen, dass es genug Scherze gibt, die zu weit gehen und zu den
Dingen, die nicht toleriert werden dürfen, gehört es, wenn Menschen (zum Teil
systematisch) ernsthaft abgewertet und diskriminiert werden. Sich jedoch über µ
aufregen sorgt dafür, dass solche Fälle
kaum wahrgenommen werden, weil sie in der Flut der Empörung über
Belanglosigkeiten untergehen.
***Toleranz speist sich nicht nur daraus, andere
Menschen/Sachen/yada yada, yada hinzunehmen, sondern mitunter auch durch den
Umgang mit solchen Sachen. Auch hier gilt; Durch das ständige zum Problem machen
wird oft zusätzlich Intoleranz geschaffen statt abgebaut. Aber gut, das ist eine
ganz andere Baustelle, die mir nicht nur sozialwissenschaftliche Nerven kostet.
Zurück zu den Brüsten
Nach diesem mehr oder weniger üppigen Exkurs in
Bereich Diskriminierung, Toleranz und Überflutung von PC will ich wieder zum
eigentlichen Thema zurückfinden; Das feminine Erfolgsrezept von Comedians.
Mich nervt also der daraus
entstehende Einheitsbrei hinsichtlich weiblicher Comidian – nicht zuletzt zeigt
uns die Genetik, dass Vielfalt etwas Begehrenswertes ist – sowie die ständige Selbstwiederholung.
Das kann man so machen, aber ich muss es nicht mögen. Dass sich das in der
Reproduktion von Geschlechterungleichheiten niederschlägt, ist für mich
allerdings keine Frage von Geschmack und PC.
An die Klischeeaspekte
anknüpfend folgt noch ein weiterer Punkt; Nämlich das Bild, was von – nennen
wir es mal - witzigen Frauen generiert wird. Denn es scheint fast so, dass sich
der Erfolg vor allem dann einstellt, wenn man sich in einer Mischung aus
überspitzer Klischeebestätigung und dessen Wiederlegung bewegt. Das könnte an
und für sich vielversprechend sein, wird aber in der Regel so plump und flach
umgesetzt, dass selbst ein Blatt Papier mehrdimensionaler ist - Und das kann
man wenigstens zu einem Konstrukt falten.
Wem jetzt direkt South Park
und Amy Schumer einfallen, weiß genau worauf ich hinaus will. Für diejenigen,
die weder das eine, noch das andere kennen, breche ich es jetzt nochmal auf die
Sätze „Hi, hi, hi, ich hab eine Vagina“
und „Hi, hi, hi, ich bin eine Frau und
verhalte mich atypisch dazu“ runter. Damit ist dann die Witzepalette im
Groben zusammengefasst. Das ödet mich als Konsumentin zeitnah an und es gibt
genügend Beispiele, die zeigen, dass man als Mensch mit Vagina auch amüsant
sein kann, ohne ständig seine Witze im Geschlechterkontext zu konzipieren.
Wenn sich diese Sachen mehr
im Bereich Satire ansiedeln würden, statt im mitunter plumpen Comedy-Genre,
wären sie mir möglicherweise nicht so zuwider. Sicher ist Comedy nicht gerade
für seine tiefsinnigen Witze bekannt, aber auch oberflächlicher Humor muss sich
nicht immer auf das Gleiche beziehen, wie andere Comedians beweisen.
Fazit ohne Titten
Ich will gar nicht leugnen,
dass die Konsumenten, die solche Witzformate mit Preisen und hohen Quoten
belohnen, zu diesem Frau-Klischee-Humor-Komplex beitragen, aber auch die Damen,
die sich bewusst auf diese Aspekte reduzieren, um Erfolg zu haben, wirken mit
und machen es sich mit dieser Formel ganz schön einfach. Mit diesem Mittel
können die meisten Menschen ein paar Lacher generieren.
Das finde ich gelinde
gesagt Mist, jedoch prognostiziere ich, dass diese Konzepte längerfristig eine
ähnliche Übersättigung des Marktes wie bei Mario Barth mit sich bringen und
besagte Comedians einer analogen Kritik heimfallen werden.
Für mich heißt es, dass ich
mich weiterhin eher an Satire laben werde und für oberflächlicheren
Lachangelegenheiten auf humoristische Zeichentrickserien sowie Klamaukklassiker
wie Leslie Nielsens „Die Nackte Kanone“- Reihe oder Monty Pythons dadaistischen
Nonsense-Anbandelungen halten werde.
Mein Unmut über die
derzeitige Entwicklung bleibt, nicht zuletzt aufgrund meiner eigenen Vagina. Jedoch
nehme ich durch meine Verbalisierung es nicht schweigend hin und es ist
unwahrscheinlich, dass ich die einzige Person bin, die das so empfindet – und
damit meine ich auch Menschen mit Penissen.
Egal ob Männlein oder Weiblein, in der Regel eint sie eines. Beide verleugnen sich, wenn es um das Thema Masturbation geht. Wo ist da das Problem, zu zugeben, das man ein Fleshlight hat. Es kann Dich keiner verurteilen, denn nahezu alle masturbieren auf die ein oder andere Art selbst
AntwortenLöschenIch weiß es auch nicht. Über Koten & Sex reden sie ja auch.
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